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Integrierter Arbeitplatz im Teamwerk: Celine, die Leseförderin

In einem lichtdurchfluteten Raum der Grundschule St. Georgen liest eine hochkonzentrierte Erstklässlerin einen Übungstext – dabei unterstützt Sie Celine Kemmler, 25 Jahre und aus Bindlach. Sie ist Mitarbeiterin im Teamwerk des Lebenswerks und seit diesem Schuljahr hier auf einem integrierten Arbeitsplatz tätig – Celine hat die Leseförderung an der Grundschule übernommen. Zum Lebenswerk ist sie aufgrund ihrer Gehbehinderung gekommen, schnell war klar, dass sie Teil des Teamwerks werden wollte, denn die Werkstätten waren nicht der Bereich, den sie sich beruflich vorstellte. „Bücher sind mein Hobby. Ich liebe das Lesen und den Umgang mit Kindern,“ erzählt sie, nachdem sich das Schulkind von ihr verabschiedet hat, um wieder in seine Klasse zu gehen und Platz macht für den nächsten Schüler.  

Die Leseförderung an der Grundschule St. Georgen findet seit September von Montag- bis Freitagvormittag statt. Klassenweise abwechselnd kommen Kindern einzeln oder auch mal zu zweit für eine Viertelstunde zu Celine. Sie bringen Texte mit, die die Lehrer für sie ausgesucht haben und üben dann gemeinsam mit Celine das flüssige Lesen. Auch „wer“ diesen Förderbedarf hat und somit teilnehmen darf, entscheiden die Lehrer*innen. „Übung ist natürlich das A&O beim Lesenlernen,“ so Rektorin Gabi Hemmer. „Wo das in den Familien nicht gefordert und gefördert wird, müssen und wollen wir diese Lücke schließen – zum Wohl der Kinder.“ Und Celine sei da ein absoluter Glücksgriff. „Wir haben lange versucht, eine verlässliche, regelmäßige Leseförderung an unserer Schule zu integrieren – jetzt endlich hat es geklappt, durch das Teamwerk.“ Es ist vor allem die „Engelsgeduld“ und die „ruhige Art“, mit denen die Teamwerkerin Zugang zu den Kindern bekommt. Und viele von ihnen genießen auch diese „Exklusivzeit“ mit einer Person, die sich voll und ganz auf sie konzentriert. „Man muss einfach sagen, dass Celine dadurch mittlerweile schon große Erfolge vorweisen kann,“ so Hemmer weiter. „Drittklässler lesen nun flüssig, wo sie das bis zum Abschluss des zweiten Schuljahres noch nicht konnten – und sie haben Spaß daran. Das erste, was sie morgens machen, ist, den Schulranzen ins Klassenzimmer, den Text schnappen und ab zu Celine.“

Celine selbst ist in der Grundschule, ihrem Arbeitsplatz, angekommen. Dass diese nicht barrierefrei ist und sie daher zum Erreichen Ihres Lehrzimmers auf Hilfe angewiesen ist – sie braucht jemanden, der ihr die Gehhilfen trägt, während sie Treppen steigt – macht da nichts: Gerne helfen ihr Schüler, die Celine mittlerweile kennen und ihr gerne behilflich sind. Oder die beiden Teamwerk Mitarbeitenden Esra und Niko helfen ihr – sie sind in der Hauswirtschaft und beim Hausmeister auf einem ebenfalls integrierten Arbeitsplatz tätig und stellen sich gerne die Uhr, um Celine zu unterstützen. „Darüber kam auch der Kontakt zur Schule zustande,“ erklärt Tobias Maul vom Teamwerk, der die Mitarbeitenden an den Arbeitsplätzen immer wieder besucht, als Ansprechpartner fungiert und das Bindeglied zwischen Mitarbeitendem und Partnerfirma ist. „Wir haben in der Einrichtung schon wunderbar integrierte Mitarbeitende. Auf der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz für unsere lese- und kinderbegeisterte Celine kamen wir so gemeinsam mit der Schule auf die Idee, eine Leseförderung hier mit ihr aufzubauen.“ Genau darum geht es beim Teamwerk: Das Ziel ist es immer, dass Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen ihren Platz in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft finden. „Jeder Mensch soll einen individuellen, auf sich selbst angepassten Arbeitsplatz erhalten. Und das hier ist perfekt für Celine – und perfekt für die Schule und die Schüler*innen. Eine eindeutige Win-Win-Situation.“

Celine ist glücklich, denn ihre Arbeit füllt sie aus, wie sie selbst sagt: Auch sie bemerkt die Fortschritte der Kinder: „Ihnen zu zeigen, dass hinter diesem stetigen Üben, unglaubliche Möglichkeiten stecken, ist mir wichtig. Die Begeisterung für Bücher und Geschichten weiterzugeben und zu zeigen, welche Türen zu Wissen und Welten sich ihnen öffnen liegt mir am Herzen.“ Sie hat ihren Arbeitsplatz gefunden – ein Arbeitsplatz, der nicht nur Beruf, sondern auch Berufung ist, denn sie freut sich täglich darauf die Kinder ein Stück auf ihrem Lebensweg zu begleiten.